|
 |
 |
Dem Erinnern Würde
geben
Am 4. Februar 2005 jährt sich zum zehnten Mal das Attentat
auf die vier Roma von Oberwart: Künstler und Roma wollen gemeinsam
mahnen und gedenken
"Unser Ziel ist es, den sich am 4. Februar zum zehnten
Mal jährenden Jahrestag des Attentats auf die vier Oberwarter
Roma, in einem würdevollen Gedenken und Erinnern zu begehen.
Und das wollen wir gemeinsam mit den Roma gestalten". Mit
diesen Worten leitete der Künstler, Autor, Regisseur und Filmemacher
Peter Wagner am Mittwoch die Vorstellung der Aktivitäten rund
um den Jahrestag des schrecklichen Verbrechens von Oberwart ein.
Am 4. Februar 1995, um 23.45 Uhr, explodierte nahe der Oberwarter
Roma-Siedlung eine Sprengfalle. Die Rohrbombe tötete vier
Roma. Entdeckt wurde das Verbrechen erst am nächsten Morgen
um 7 Uhr.
"Als mir Bürgermeister Gerhard Pongracz vor Wochen
vorschlug, mir Gedanken über ein würdevolles Begehen
dieses Jahrestages zu machen, war von Beginn an klar, dass das
nur gemeinsam mit den Roma geschehen kann", beschreibt Wagner
die Entstehungsgeschichte. Was dann herauskam, ist ein Programm,
das sich "Amen dschijas!" (Wir leben) nennt und nicht
nur ein Erinnern an die Morde von Oberwart sein soll, sondern auch
eine Reflektion über die Lage und die Lebensumstände
der Volksgruppe der Roma in der Gegenwart.
Eines der wohl wichtigsten Vorhaben dabei, das aber ganz
bewusst außerhalb der Öffentlichkeit stattfinden wird,
ist das Trauma-Projekt. Die rund 20 bis 25 direkten Angehörigen
der Mordopfer haben nämlich bis heute keinerlei psychologische
Betreuung erfahren. "Bei vielen ist die Angst und die Furcht
noch heute ein lähmendes Thema", weiß Susi Baranyai
vom Romaverein. Ein Team professioneller Psychologen der Organisation
Esra (Ursprünglich gegründet für Überlebende
des Holocaust) wird während des ganzen Jahres den Angehörigen
helfen, mit den Ereignissen dieser Nacht fertig zu werden.
Ein großes Ausstellungsprojekt im Offenen Haus Oberwart
(OHO) wird sich mit der Geschichte der Roma in Oberwart, von ihrer
Ansiedlung bis zur Gegenwart, beschäftigen. Zwei thematische
Fixpunkte sind dabei die Deportation der Oberwarter "Zigeuner" 1938
(Von den 360 Verschleppten kamen 1945 nur 19 aus den Lagern zurück)
und das Attentat von 1995 und seine Folgen. Gestaltet wird die
Ausstellung vom Künstler Andreas Lehner, der sich auch sehr
kritisch mit der Rolle der Medien rund um den Anschlag auseinander
setzen wird.
Außerdem werden im OHO zwei Einakter aufgeführt,
die "Begegnung zwischen einem Engel und einem Zigeuner" und "Gatsch".
Die Autoren sind Stefan Horvath, der selbst einen Sohn beim Attentat
verloren hat und Clemens Berger, ein Oberwarter, der bereits mit
seinem Erstlingsbuch "Der gehängte Mönch" literarische
Anerkennung gefunden hat.
"Es wird eine Ausstellung sein, in der sich der Besucher
mit vielen Fragen konfrontiert sieht, die er selbst zu beantworten
hat". So beschreibt Andreas Lehner einen Teil des Konzeptes
der großen Ausstellung "Ein Güterweg und eine Fracht",
die am Samstag, den 22. Jänner um 19.30 Uhr im Offenen Haus
in Oberwart eröffnet wird. Sie selbst ist eingebettet in das
Programm, "Amen dschijas - wir leben", mit dem des 10.
Jahrestages des Attentats von Oberwart gedacht wird.
BIS ZUR GEGENWART "Wir beschäftigen uns vor allem
mit der Geschichte der Roma, den immer wieder vorkommenden Vorurteilen
gegen sie und mit der Rolle von Gewalt und Diskriminierung",
erläutert Lehner sein Konzept, das er mit Barbara Mayer, Eveline
Rabold, Isa Nemeth, Herwig Kienzl und Roma-Jugendlichen umsetzt.
Der Bogen reicht dabei von der Ansiedlung der Roma in Oberwart,
ihre fast vollständige Vernichtung während der NS-Zeit,
ihre Umsiedlung wegen des Krankenhaus-Neubaues in den 60er Jahren
bis zum Attentat am 4. Februar 1995 und dessen Folgen.
Die Ausstellung wird während er Roma-Woche vom 21.
Jänner bis 5. Februar im Offenen Haus zu besichtigen sein.
Gegen Voranmeldung führen jugendliche Roma Alterskollegen,
etwa Schulklassen, durch die Ausstellung.
Ein eigener Teil der Ausstellung widmet sich den sogenannten "Postings",
das sind Kommentare die man unter dem Schutz der Anonymität
im Internet zu bestimmten Themen abgeben kann. "Gerade beim
Thema Roma sind sie extrem rassistisch und menschenverachtend.
Wir wollen zeigen, was man dagegen tun kann", erklärt
Lehner die Zielrichtung dieses Bereiches.
FACKELZUG Neben der Ausstellung sind auch vier Konferenzen,
sogenannte Statements, Theater-Aufführungen, Diskussionsveranstaltungen
und Filmabende im Rahmen der Roma-Wochen, unter der Leitung von
Peter Wagner, geplant, die sich mit diesem Thema beschäftigen
werden.
Abschluss und stiller Höhepunkt wird am 4. Februar
ein Fackelzug zum Attentatsort mit einer anschließenden Mahnwache
sein, die ab 5. Februar um 7 Uhr enden wird. Dabei will man den
Angehörigen der Attentatsopfer und der Volksgruppe der Roma
die Möglichkeit geben, unter Ausschluss der Medien, dem schrecklichen
Ereignis zu gedenken.
Peter Sitar, KURIER
Artikel über Peter Wagner (Auswahl)
|  |
 |
 |
|
  |