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Junge Arbeitslose drüben und herüben
"Der Kurs" - ein grenzüberschreitendes Filmporträt
aus Österreich und Ungarn
Oslip/Uzlop - Hätte der ORF in Ansätzen noch jene Programmgesinnung,
die ihn berechtigte, Gebühren einzuheben, Peter Wagner hätte
längst schon sein Eckerl dort. Und das nicht nur - aber sehr
wohl auch -, weil es dem schreibenden und filmenden Querkopf aus
dem Südburgenland immer wieder gelingt, "die Aufmerksamkeit
auf die Realität zu lenken", wie es ÖGB-Chef Fritz
Verzetnitsch am Dienstagabend in der Osliper Cselley-Mühle beschrieb,
wo Peter Wagners neuester Film vorgestellt wurde.
"Der Kurs" heißt er. Die Hauptdarsteller sind zwölf
junge Menschen, denen es nicht oder nur sehr mühsam gelingt,
im arbeitsamen Erwachsenenleben Fuß zu fassen. "A tanfolyam" heißt
der Film auch. Denn sechs dieser arbeitslosen Jugendlichen leben
in Ungarn. Und so wurde der Film - gedreht unter der Patronanz des ÖGB
und seines grenzüberschreitenden Arms, des Interregionalen Gewerkschaftsrates
- auch zu einem einfühlsamen Porträt zweier benachbarter
Grenzlandstriche, ein paar Hundert Stunden vorm endgültigen
Vollzug der EU-Erweiterung.
Die jungen Menschen - von denen in allen wirtschaftspolitischen
Deklarationen so inbrünstig die Rede ist - kommen sehr unprätentiös
zu Wort: Voll Hoffnung, no na, aber über der liegt eine dicke
Schicht Furcht. "Eine gewisse Verlorenheit" nennt es Peter
Wagner, "die stellt sich für mich als die Vorbereitung
auf eine neue Einsamkeit dar, der sich die globalisierte Gesellschaft
in Zukunft stellen wird müssen."
Dass die Grenze, in deren Nähe sie leben, demnächst keine
mehr sein wird, ist etwas, das die Jungen nur en passant zur Kenntnis
nehmen. Auf der österreichischen Seite wird, der dumpfen Argumentation
der Erwachsenen folgend, die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt gefürchtet.
In Ungarn das ökonomische Übergewicht der "Ausländer",
was eine sehr konkrete Furcht vorm Erweiterungsschritt zur Folge
hat. Der 21-jährige Tibor aus Szombathely drückt das mit
einer in Ungarn nicht seltenen Mischung von Selbstmitleid und Pragmatismus
aus: "Es ist besser, jetzt Angst zu haben, als sich nachher
zu schrecken."
Tamás Wittich, ungarischer Gewerkschaftspräsident, sieht
durchaus Grund für die Angst und den Schrecken. "Wir erleben
gerade jenen Strukturwandel, der in Österreich vor rund zehn,
fünfzehn Jahren stattgefunden hat. Das Kapital, das billig produzieren
wollte, zieht weiter. Jetzt brauchen wir eine Qualifikationsoffensive."
Leicht gesagt, schwer getan. Der Film heißt nicht umsonst "Der
Kurs", Peter Wagner hat die zwölf jungen Menschen bei Weiterbildungsseminaren
kennen gelernt. Ob die helfen, wird Wagner später erzählen.
In zwei Jahren soll "A tanfolyam" fortgesetzt werden.
Wolfgang Weisgram, DER STANDARD
Artikel über Peter Wagner (Auswahl)
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