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Briefwechsel
mit den Bürgermeistern - Auszug
„Eisenstadt, am 5. August 1993. Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Bezugnehmend auf unser Gespräch - Mittwoch, den 28. Juli 1993
- im Gemeindeamt Tauchen im Beisein von Ortsvorsteher Siegfried Hutter,
Tauchen und Herrn Amtmann über die Errichtung einer Gedenkstätte
für den hingerichteten Widerstandskämpfer Ludwig FABIAN,
würden wir folgende Vorschläge unterbreiten und begründen:
Es
wäre ehrend und auszeichnend für unser Land - wenn
auch verspätet - der Widerstandskämpfer zu gedenken, die
in der dunkelsten Nacht unserer Heimat - in der Zeit der Naziherrschaft
- nicht den Glauben an Österreich verloren hatten und ihren
Widerstand leisteten und damit für die Wiedergeburt Österreichs
beigetragen haben. ... Weiters wollen wir auf den kürzlich stattgefundenen
Staatsbesuch des Herrn Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky in Israel
hinweisen, wo die Rede von der Verpflichtung der Geschichtsaufarbeitung
bekundet wurde. ... Was die Gedenktafel, die Inschrift und den Ort
der Anbringung betrifft, würden wir vorschlagen: ´Für
die Freiheit der Heimat gestorben - Ludwig Fabian 1900-1942 - Niemals
vergessen. Gewidmet Gemeinde Mariasdorf´ oder ´Zum Gedenken
an die Widerstandskämpfer und die Opfer der Naziherrschaft -
Sie kämpften und litten und starben für die Freiheit der
Heimat - Niemals vergessen - Gewidmet Gemeinde Mariasdorf´.
Wir danken für ihre Aufmerksamkeit und hoffen auf eine baldige
Stellungnahme. Mit freundlichen Grüßen H. Anthofer, Unabhängiges
Antifaschistisches Personenkomitee Burgenland, Stefan Billes, LR
a.D., Bund SPÖ-Freiheitskämpfer.“
„Mariasdorf, am 20.8.1993. Sehr geehrter Herr Billes! Der
Gemeinderat der Marktgemeinde Mariasdorf hat sich in der Sitzung
am 13.8.1993 mit der Errichtung einer Gedenktafel für den hingerichteten
Widerstandskämpfer Ludwig Fabian befaßt und ist zur Ansicht
gekommen, eine derartige Tafel nicht zu errichten. Mit freundlichen
Grüßen Der Bürgermeister.“
„Eisenstadt, am 20.12.1994. Sehr geehrter Herr Anthofer! ...
Ich bin daher der Meinung, daß von allen verantwortungsbewußten
Persönlichkeiten alles unternommen werden muß, um vor
allem auch der Jugend die Schrecken des Naziregimes bewußt
zu machen. Dabei kommt dem Schicksal der Regimegegner besondere Bedeutung
zu und ich unterstütze auch die Bemühungen, dies sichtbar
durch die Anbringung von Gedenktafeln umzusetzen. Ich bedauere, daß dies
nicht schon in diesem Herbst möglich war. Wie mir nunmehr auf
meine Anfrage mitgeteilt wurde, sind alle offenen Fragen auch hinsichtlich
des Denkmalamtes geklärt. Ich habe daher Anweisung gegeben,
daß möglichst rasch alle zur Anbringung der Gedenktafeln
erforderlichen Schritte gesetzt werden. Mit freundlichen Grüßen,
Karl Stix, Landeshauptmann von Burgenland.“
„Pilgersdorf, 21.2.1995. Sehr geehrte Damen und Herren! Zu
Ihrem Schreiben vom 8. Feber 1995 teilen wir Ihnen mit, daß die
Gemeinde zur Zeit über keine Mitteln verfügt, um solche
Vorhaben durchzuführen. Die Gemeinde kann nur mit Mühe
die Kriegerdenkmäler sanieren und aufrecht erhalten. Für
die Gemeinde Der Bürgermeister.“
„Weichselbaum, am 13.3.1995. Sehr geehrtes Personenkomitee!
... Obwohl sich der Gemeinderat sicherlich über die Leistungen
der Widerstandskämpfer gegen das Naziregime und ihrer Bedeutung
für das Burgenland und für ganz Österreich im Klaren
ist, wird die Anbringung einer solchen Erinnerungs- bzw. Gedenktafel
vorerst nicht in Erwägung gezogen, da der angeführten Opfer
des NS-Regimes bereits auf dem Kriegerdenkmal in Krobotek gedacht
wird. ... Mit freundlichen Grüßen, Der Bürgermeister.“
„Oberwart, März 1998. Werter Bürgermeister! Sehr
geehrte Damen und Herren des Gemeinderates! Anläßlich
des Gedenkjahres 1998 wenden wir uns mit einem Ihnen nicht unbekannten
Anliegen an Sie. ... In vielen Dörfern und Städten Österreichs
sind Plätze und Straßen nach Widerstandskämpfern
benannt und Gedenktafeln und Mahnmäler errichtet worden. Auch
in einigen Gemeinden des Burgenlandes gibt es bereits Gedenkstätten
und Mahnmäler für Widerstandskämpfer und Opfer der
Naziherrschaft. Doch in einigen burgenländischen Ortschaften
- wie auch in Ihrer - gibt es diese leider noch nicht (siehe dazu
beiliegende Liste). Wir richten uns daher mit dem Ersuchen an Sie,
dieses Gedenkjahr als Anlaß zu nehmen, um auch in Ihrer Ortschaft,
die auch Wohnort von Widerstandskämpfern war, eine Gedenkstätte/tafel
zu errichten. In diesem Zusammenhang möchten wir auch an das
Schreiben unserer Superintendentin Mag. Getraud Knoll und unseres
Bischofes Dr. Paul Iby vom September 1995 an alle Gemeinden des Burgenlandes
hinweisen ... Mit freundlichen Grüßen, f.d. Unabhängige
Antifaschistische Personenkomitee Burgenland, Horst Horvath, Hans
Anthofer; für den Bund Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer
und Opfer des Faschismus, L.Abg. Getrude Spieß; f.d. (KZ-Verband)
Verband Österreichischer Widerstandskämpfer und Opfer des
Faschismus, Oskar Wiesflecker eh. (Obmann), Friederike Krenn eh.
(Sekretär).“
„Grafenschachen, am 24.3.1998. Unter Bezugnahme auf das do.
Schreiben vom März 1998, Betr. w.o. erlaubt sich die gef. Gemeinde
Grafenschachen mitzuteilen, daß wir im Hauptplatzbereich von
Grafenschachen ein (neues) Friedensmahnmal errichtet und am 13.6.1997
feierlich eingeweiht haben mit der Inschrift: ´Den Opfern des
Nationalsozialistischen Regimes´. Zu do. Kenntnisnahme! Mit
freundlichen Grüßen Der Bürgermeister.“
„Eisenstadt, am 15. April 1998. Sehr geehrter Herr Anthofer!
... Ich kann, wie Sie, nicht verstehen, daß immer noch die
dunklen Schatten der Vergangenheit über uns hängen, die
verhindern, daß man auf diese für Österreich so schrecklichen
Zeit einen klaren Blick bekommt. Menschen wie Sie dürfen deshalb
nicht aufhören, darauf aufmerksam zu machen. Manchmal kommt
es mir so vor, als schämte man sich der Widerstandskämpfer
mehr als daß man sie verehrt, wie es ihnen zustünde. Ich
persönlich habe hier einen ganz klaren Standpunkt, der sich
allerdings bei manchen (auch Bürgermeistern, wie Sie erwähnt
haben) noch nicht durchgesetzt hat. Ich bitte Sie deshalb, nicht
locker zu lassen und bin auch gerne bereit, die eine oder andere
finanzielle Unterstützung für eine Gemeinde oder einen
Verein zur Errichtung von Gedenk- und Mahntafeln zu gewähren,
wenn es notwendig wäre. Mit bestem Dank für Ihre unermüdlichen
Bemühungen und freundlichen Grüßen verbleibe ich
Ihr Ing. Gerhard Jellasitz, Landeshauptmann-Stellvertreter.“
„Oberwart, 14. Juli1998. Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
ich bereite eine dramatische Arbeit vor, die sich mit der Aufarbeitung
der Vergangenheit anhand der vom Naziregime ermordeten Widerstandskämpfer
befaßt ... Meine Bitte nun an Sie: Es ist von Bedeutung für
meine Arbeit zu erfahren, worin die Ablehnung von Gedenktafeln für
Naziopfer begründet ist - heute, 60 Jahre nach Kriegsbeginn.
Ich wäre Ihnen sehr verbunden, mir Ihre persönliche Einschätzung
mitzuteilen und verbleibe mit besten Grüßen Peter Wagner.“
„Großpetersdorf, am 16. Juli 1998. Sehr geehrter Herr
Wagner! Im Besitze Ihres Schreibens teilen wir Ihnen mit, daß wir
Ihr Engagement hinsichtlich der Aufarbeitung der Vergangenheit und
der vom Naziregime ermordeten Widerstandskämpfer begrüßen
und berichten Ihnen zu Ihrem konkreten Anliegen folgendes: ... Zu
der von Ihnen angeregten Aufstellung eines Mahnmales in unserer Gemeinde,
mit welchem dem in Großpetersdorf wirkenden Karl Halaunbrenner,
gedacht werden soll, erlauben wir uns nach vertrauensvollen Informationen
von Zeitzeugen mitzuteilen, daß der Genannte nicht immer im
Sinne der heimischen Bevölkerung gehandelt hat und durch die
Art und Weise seiner Amtsführung und Einstellung sehr umstritten
war. Zu recht meinen daher die damaligen Zeitzeugen, würde eine
namentliche Nennung von Karl Halaunbrenner einer Verhöhnung
vieler anderer Menschen gleichkommen. Ob die Errichtung eines derartigen
Mahnmales in unserer Gemeinde deshalb jenen Stellenwert hat, den
man sich davon verspricht, bleibt dahingestellt. - Vergangenheitsbewältigung
heißt unserer Ansicht nach sicher nicht einfach vergessen und
wegschauen, sondern im Bewußtsein der schrecklichen Geschehnisse
der zurückliegenden Geschichte in Zukunft zu handeln und alles
daranzusetzen, so daß eine derartige Situation niemals mehr
eintreten kann. Das Auftreten gegen Intoleranz und Rassenhaß ist
heute notwendiger denn je ... Bei der Nennung von Namen einzelner
vergißt man vielerorts, den Mut, die Kraft und denselben Einsatz
sowie das Leid anderer zu nennen und läuft Gefahr, gerade dadurch
eine Gedenktafel zu einem ´unerwünschten Mahnmal´ zu
machen. Mit der höflichen Bitte, diese Gedanken in jenem Geiste
zu verstehen, der diesem Schreiben zugrunde liegt, verbleibt mit
freundlichen Grüßen Der Bürgermeister.“
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