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März.
Der 24.
von Peter Wagner
AUFZEICHNUNG
AUF VIMEO (96 min)
Uraufführung: 24. März 1995 im Offenen Haus Oberwart (OHO)
Gastspiel
im Kulturzentrum Eisenstadt
Besetzung:
Gräfin: Daniela Graf; Graf: Ferdinand Kaup; Podezin: Michael
Reiter; Stadler: Johanna Orsini-Rosenberg; Oldenburg: Georg Kusztrich; Mizzi:
Rosemarie Straal; Anna: Birgit Spuller; Pagani: Hubertus Zorell; Ziserl:
Sascha Ploner; Blinder Ziehharmonikaspieler: Otto Lechner
Bühne: Wolfgang Horwatz; Kostüm und Maske: Doris Deixler; Licht:
Alfred Masal, Regieassistenz: Catharina Roland; Video: Hans Peindl; Requisite:
Gregor Pokorny; Programm & Layout: Beatrix
Rehm; Interviews mit österreichischen
Spitzenpolitikern: Prof. Paul Blaha; Produktionsleitung: Horst Horvath;
Regie: Walter Davy

Podezin - der historische

Werte Teilnehmerinnen und Teilnehmer an diesem Theater!
Zahlen in Verbindung mit Pogrom und Massenmord haben die Eigenschaft, eher
zu irritieren als Klarheit zu verschaffen. Können wir uns vorstellen,
was der Mord an 180 Menschen ist, wenn wir kaum begreifen können, was
der Mord an einem Menschen ist? Und der Versuch, den Mord an Millionen in
den Konzentrationslagern der Nazis zu erfassen, erweist sich schon in seinem
Ansatz als absurd.
Es ist erwiesen, dass das Massaker an den jüdischen Zwangsarbeitern
in Rechnitz in der Nacht zum Palmsonntag 1945 stattgefunden hat. Verschiedene
Quellen geben 150 Ermordete, andere 180, 220, einige sogar 300 an. Manche
halten alle diese Zahlen für zu hoch, andere sind erpicht darauf, keinen
einzigen Toten zu vergessen. Endgültige Aufklärung kann höchstens
dann geschaffen werden, wenn ihr Grab gefunden ist.
Aber sind diese Spekulationen über die Zahl der Erschlagenen wirklich
wichtig?
Wir wollen sie für heute beiseite lassen. Es geht uns nicht darum,
Zahlen zu verhandeln, sondern den Mord als solchen und die Umstände,
die ihn ermöglichen.
Darüber hinaus lege ich Wert auf folgende Feststellung:
Das Bühnenstück, das Sie heute sehen, ist keine Rekonstruktion
eines historischen Ereignisses. Auch wenn einige der Figuren mit Namen versehen
sind, deren Träger tatsächlich im Umfeld des Massakers in Rechnitz
zu finden waren, lässt dies noch keinen historisch stichhaltigen Rückschluss
auf die zur Zeit des Massakers real vorhandenen Schauplätze und Charaktere
zu. Sie sind im Sinne eines fiktiven dramatischen Werks frei erfunden und
dienen in erster Linie dem Zweck, eine Parabel auf die Endzeit einer Gesellschaft
zu erzählen, wie sie auch auf andere Endzeitalter zutreffen könnte,
in allen Zeiten der Welt, also auch heute und morgen.
Insoferne darf dieser Versuch nicht nur als Aufarbeitung der Vergangenheit
und schon gar nicht als Abrechnung oder einseitige Schuldzuweisung an die
Rechnitzer Bevölkerung missverstanden werden!
Peter Wagner, Programmheft

Aufarbeitung eines Verbrechens aus der braunen Vergangenheit Das Kulturzentrum „Offenes Haus Oberwart“ brachte das Stück „März.
Der 24.“ des burgenländischen Autors Peter Wagner zur Uraufführung
Der historische Spielplatz im Stück, das Schloss Rechnitz, Sitz der
Bauabschnitssleitung des Ostwalls im Zweiten Weltkrieg. Die Menschen in dem
Schloss haben es sich gerichtet. Sadismus, Gewalt, Sex, Angst und auch das
Wegschauen angesichts des zum Alltag gewordenen Krieges, der immer neue Gefangene
anschwemmt, die in den Ställen vegetieren und zum Verwaltungsproblem
werden. Ein letztes Fest soll gefeiert werden. Gelöst werden soll an
diesem Abend auch ein dringliches „Problem“: Der letzte Transport
hat nur krankes, für die Arbeit „unbrauchbares Menschenmaterial“ gebracht.
180 Juden, die zum Kreuzstadel hinaus transportiert werden und dort ein großes
Loch schaufeln müssen.
Von Regisseur Walter Davy ohne Schnörkel in Szene gesetzt, in einer
Bühne von Wolfgang Horwath, die sich assoziativ an den Unvergänglichkeitsmythos
von Stahl und Beton während der NS-Zeit anlehnt, entzündet sich
die Brisanz des Stückes an den Beziehungen der Figuran zueinander, ihrem
Spiel, das Rangordnungen durch Demütigung schafft, bis sich die Gewalt
ganz unten bei den Gefangenen entlädt.
Ausgezeichnet Michael Reiter als der Gestapo-Chef „Podezin“,
dargestellt als ein Kleinbürger, der plötzlich mit Macht ausgestattet
wurde und mit sadistischem Vergnügen seine Allmachtsgefühle auslebt.
Zu seiner Geistes- und Bettgefährtin geworden, Daniela Graf in der Rolle
der Gräfin. Männerfressend in ihrer Lebensgier, die alle Grenzen überschreiten
und auskosten will, die vor dem großen Zusammenbruch noch erreichbar
sind. Daneben Ferdinand Kaup als Graf, bedächtig und präzise dargestellt
als ein Mann, der wegschauen und verdrängen will, aber immer zu feige
ist, Widerstand zu leisten. Nachdenklich machend die beiden Küchenmädchen,
die eine, dargestellt von Rosemarie Straal, lebenspraktisch, die andere Birgit
Spuller, die sich an dem, was es noch zu holen gibt, bedient wie die andere,
aber letztlich doch zerbricht. Ihr Bruder, dargestellt von Sascha Ploner,
ist das Kind, das in diesem Krieg das Töten lernt und das Denken verlernt.
Als die Hemmungen gefallen sind, tötet er weiter, ohne Befehl. Sein
Gegenspieler, Hubertus Zorell als der älteste Soldat, der seine Menschlichkeit
nicht ganz verdrängen kann, der Gewissen entwickelt und reden könnte
und deshalb sterben muss. Ein betroffen machender Theaterabend.
Annemarie Klinger, NEUE ZEIT, Graz

Auf der Bühne wird in Oberwart wieder gemordet
Neues
Wagner-Stück: Premiere machte betroffen
Um es gleich vorwegzunehmen: "März. Der 24." ist sicher Peter
Wagners bisher bestes Bühnenstück. Aktuell, spannend wie ein Krimi
und tief, sehr tief blicken lassend. Es ist ein Stück über (Un)Menschen,
wie wir sie alle sind oder sein können. Der historische Rahmen ist ebenso
schrecklich wie klar. In den letzten Kriegstagen, am 24. März 1945,
ermordeten örtliche Nazi-Schergen, unterstützt von Festgästen,
beim sogenannten Kreuzstadl bei Rechnitz 180 kranke Juden auf unfassbar brutale
Weise.
Im Stück über Ausnahmesituationen gibt es die, die morden. Es
gibt aber auch die einfachen Menschen, die starr wegschauen und trotzdem
sich dem Fürchterlichen anpassen und davon profitieren.
Großartig, temporeich und spannend die Inszenierung von Walter Davy,
der die Zuschauer durch das Labyrinth der schwarzen Seite der menschlichen
Seele rasen lässt. Durchwegs außerordentlich auch die schauspielerische
Leistung des neunköpfigen Ensembles. Vor allem Daniela Graf als Gräfin
Batthiany schafft tiefe Betroffenheit. Das Bühnenbild gestaltete Wolfgang
Horvath.
Das Stück hatte am Freitag im Offenen Haus Oberwart Premiere. Unter
den Gästen waren: Landeshauptmann Karl Stix, Landtagspräsident
Wolfgang Dax, Heide Schmidt, Madeleine Petrovic und Terezija Stoisits.
Peter Sitar, KURIER

Kulturförderung kontraproduktiv eingesetzt
Subventionen sinnvoll ver(sch)wendet?
Kultur und Fremdenverkehr, mit beidem ist unser Burgenland nicht gerade
reichlich gesegnet. Verständlich daher, dass seitens des Landes Subventionen
flüssig gemacht werden, um beides zu forcieren. Bedenklich wird die
Sache erst, wenn eine Förderung kontraproduktiv wird.
50 Jahre sind seit dem Kriegsende vergangen, 50 Jahre ist es auch her, dass
in Rechnitz an die 180Juden ermordet wurden. Grund genug, um dieser Tatsache
zu gedenken. Grund genug auch für den Burgenländer Peter Wagner, über
dieses traurige Vorkommnis ein Stück zu schreiben – März.
Der 24. Ein Stück mit teils realem Hintergrund, aber doch teilweise
eine Fiktion. Bedauerlicherweise soll die Art und Weise, wie die angeblich
involvierte Gräfin Batthyány in diesem Stück dargestellt
worden ist, der gräflichen Familie in keiner Weise gefallen haben.
Dennoch, das Stück wurde groß herausgebracht, groß subventioniert
und Schüler wurden haufenweise zur „Zwangsbeglückung“ herangekarrt.
Andererseits soll in dem Gebiet um Rechnitz ein wunderschönes Naturreservat,
der Naturpark Geschriebenstein geschaffen werden. Eine wunderbare Möglichkeit
zur Tourismusförderung, zur Abrundung der burgenländischen Angebotspalette.
Auch können dabei EU-Fördermittel für das Land lukriert werden
und in das Projekt Naturpark fließen. Aber jetzt kommt der Haken: Die
Wälder um Rechnitz und Lockenhaus gehören nämlich noch zum
Großteil der Familie Batthyány und deren Kooperationsbereitschaft
zum angestrebten Projekt soll merklich gefallen sein. Man stößt
sich nicht an dem Stück eines Theaterschreibers, man ist nur befremdet
darüber, dass niemand einer persönlichen Bloßstellung einer
Person widersprochen hat, ja dass solche Stücke auch noch groß propagiert
und subventioniert werden. Hat irgendein Landespolitiker bei der Präsentation
des Stückes erwähnt, wie viele Vereine, Kirchen und andere Institutionen
in den Jahren nach dem Krieg von der gräflichen Familie unterstützt
und gefördert wurden, ging das alles unter in einem Rausch der Vergangenheitsbewältigung?
Die Subventionen für das Theaterstück sind ja schon draußen,
auch schon einiges an Kosten für die Projektstudien des Naturparks.
Vielleicht aber erübrigen sich die weiteren Subventionen und EU-Förderungen
für den Naturpark dann nämlich, wenn das Projekt platzt. Und das
nur, weil Landespolitiker gedankenlos in eine Richtung subventionieren und
die Konsequenzen nicht bedenken.
Karl Simon, FREIHEITLICHER GEMEINDEKURIER
Auseinanderesetzungen zwischen der FPÖ-Burgenland und Peter Wagner siehe:
Politische Reaktionen auf die Theaterproduktion "Todestag. Ein Schicksalsdrama"
Politische Reaktionen auf die Theaterproduktion "Oberwart. Mon amour"
Offener Brief an den FPÖ-Landtagsabgeordneten Eduard Nicka

Stücke Peter Wagner
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