Offener Brief an den ORF-Landesdirektor
Pabst
An Herrn
Landesdirektor Karlheinz Pabst
ORF-Landesstudio Burgenland
Buchgraben 51
7000 Eisenstadt
Sehr geehrter Herr Landesdirektor, Del Tuha!
Nach Ansicht der gestrigen ersten Sendung „Servus, Zsia, Sdravo“ stellt
sich mir die Frage: hat man auf die dritte burgenländische Minderheit,
die Roma, vergessen, oder hat man sie bewusst aus der Mehrsprachigkeit
des Landes ausgeklammert? Wie erklärte sich erster Fall, wie
aber erst zweiter?
Gleiches gilt für den ersten Beitrag über die „dreisprachige
Gemeinde“ Rotenturm. Wie kann es der Recherche zu solch einem
Beitrag verborgen bleiben, dass es sich bei Rotenturm um eine - zumindest
potentiell - viersprachige Gemeinde handelt, da ja in Spitzzicken
auch Roma-Familien leben?
Im „Standard“ vom 8. Feber heißt es auf Seite
2 zu Ihrer Person und Funktion: „... Chef des Landesstudios
mit zwei Schwerpunkten: Ausbau der Volksgruppensendungen und Aufbau
eines medialen Kompetenzzentrums zum Thema EU-Erweiterung. Besonders
die Funk- und Bildschirmpräsenz der ungarischen Volksgruppe
stieg deutlich; ...“
So erfreulich letzteres auch ist, so unbefriedigend ist die Funk-
und Bildschirmpräsenz der burgenländischen Roma. Wenn das
Landesstudio Burgenland tatsächlich eine Vorreiterrolle in der
medialen Aufbereitung der EU-Erweiterung einnimmt, so kann und darf
doch nicht übersehen werden, dass mit der EU-Erweiterung auch
die Integration des Millionenvolkes der osteuropäischen Roma
ansteht. Wäre es denn da nicht höchst an der Zeit, nebst
der unbedingt nötigen öffentlichen Selbstdarstellung einer
burgenländischen Volksgruppe auch die Bedeutung der Roma für
den gesamteuropäischen Kulturraum einer medialen Resonanz und
Akzeptanz zuzuführen?
Wird man sie auch hier zu Lande vergessen oder ausgrenzen, wie das
in ihren Heimatländern gang und gäbe ist?
Mit besten Grüßen und der Bitte, den Roma eine vollkommen
ungerechtfertigte Demütigung zu ersparen, verbleibe ich Ihr
Peter Wagner
Litzelsdorf, am 25.2.2002
Landesdirektor Karlheinz Papst kündigte in einem Antworttelefonat
mit dem Verfasser des Briefes eine eigene Roma-Radiosendung auf Studio-Burgenland
an. Der Sender strahlt seit 1.1.2003 einmal wöchentlich
am Montag zwischen 20.45-21.00 Uhr die Sendung „Roma sam“ aus.
Vor dem ORF-Funkhaus in Eisenstadt wehen allerdings nach wie vor
nur drei Fahnen für die deutsch-, ungarisch- und kroatischsprachigen
Volksgruppen.
Kommentare, Reden, Offene Briefe (Auswahl)
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