Grenzgänger – Das lange Sterben des Hörspielautors Jan Rys aus Unterrabnitz im Burgenland
Eine Inszenierung
Nach dem Originalmanuskript von Jan Rys „Grenzgänger“ für die Bühne eingerichtet von Peter Wagner
Uraufführung: 25.4.1990 im Theater Am Ort im Offenen Haus Oberwart
(OHO),
Gastspiel im Celeste / Wien
Mit Peter Wagner (Jan Rys), Christian Paschinger (Flügelhorn)
Bühne:
Wolfgang Horwath, Co-Regie und Licht: Hans Panner, Musik: Wolfgang
R. Kubizek;
Regie: Peter Wagner


DIE KIRCHENRUINE VON RÖNÖK / INZENHOF ALS VORBILD FÜR
DIE BÜHNENANTIPODE – DEM STERBEZIMMER JAN RYS´ GEGENÜBER
GELEGEN, DAZWISCHEN DAS PUBLIKUM
Folgender Artikel und Fotos sind der Beilage „Schaufenster“ der
Wochenendausgabe „Die Presse“ vom 12. April 1990 entnommen,
also zu einem Zeitpunkt, da sich die Inszenierung „Grenzgänger“ bereits
im fortgeschrittenen Probenzustand befand. Peter Wagner wurde noch
ein halbes Jahr davor beim Überschreiten des Grenzzaunes nach
einem Besuch der Kirchenruine von einem Österreichischen Zollwachebeamten
festgenommen und mit einer Geldstrafe belegt.
Die mittlerweile renovierte (und ihrer Faszination dadurch leider
beraubte) Kirche sowie der angrenzende, nach wie vor verfallende
Friedhof wurden von Peter Wagner im Jahr 2003 noch einmal für
ein künstlerisches Unternehmen herangezogen: als Drehort für
den Film „Die Eiserne Grenze“, der u.a. als Entgegnung
auf den unten als letzten angeführten Satz „... dass der
Eiserne Vorhang auch geistig verschwindet“ zu verstehen ist.
„Die eiserne Grenze“ – Der
Film


Eine Kirche wird grenzenlos
„Österreichische Staatsbürger ... dürfen zum
Besuch der Kirche St. Emmerich bei Rönök die österreichisch-ungarische
Staatsgrenze über den besonders für diesen Zweck beim Grenzstein
C 92 geöffneten Übergang übertreten.“ Soweit
ein trockener Satz aus jenem Abkommen, das am 12. März im Stadthaus
der südwestungarischen Stadt Szombathely unterzeichnet wurde.
„Diese Kirche ist eine Erinnerung an brutale Zeiten. Aber
die erneuerte St.-Emmerichs-Kirche wird das Symbol einer friedlichen
Zukunft und einer dauerhaften Freundschaft unserer Völker sein.“ Der
da schrieb, muss die friedliche Zukunft besonders stark gewünscht
haben: Der Augsburger Ungarn-Pfarrer János Kömives war
Pfarrvikar von St. Emmerich gewesen, ehe er sich zur Flucht entschloss: „Wo
jetzt der Altar im Freien und das Zöllnerkreuz stehen, von dort
... bracht ich am 9. Dezember 1951 abends um 18.30 Uhr durch das
Minenfeld.“
Hinter beiden Schriftstücken steckt nicht nur eine wechselhafte,
sondern eine wahrlich österreichisch-ungarische Geschichte.
Die Kirche Szentimre (St. Emmerich) in Felsörönök
(Oberradling) ob Wolfartvölgye (Wallfahrtstal) wurde schon im
Jahr 1336 erwähnt. Ab 1618 betreuten zuerst reformierte Pastoren,
später evangelische Pfarrer die Gemeinde; ab 1652 wirkten katholische
Pfarrer, nachdem Graf Ádám Batthyány sie den
Katholiken zurückgegeben hatte. 1789 wurde die Pfarre neu errichtet,
hundert Jahre später der Bau einer neuen Kirche beschlossen.
1890 begann die Arbeit nach einem Plan des Wiener Architekten Ludwig
Schöne.
Die mächtige neugotische Kirche wurde 1904 ihrer Bestimmung übergeben.
Am 13 April 1945 wurde sie von deutschen Truppen auf ihrem Rückzug
angezündet; Gläubige konnten das Feuer löschen, ehe
größerer Schaden entstand. Dann wurden Grenzen gezogen,
die keine 20 Meter an der Kirche vorbeiführten; das einst „deutsche“ Gotteshaus
kam auf ungarisches Territorium zu liegen. Bis 1951 konnten die Menschen
aus dem österreichischen Inzenhof noch „hinüber“,
doch der Eiserne Vorhang ließ die Kirche in einen Dornröschenschlaf
versinken. Und verfallen.
Ein Ersatz-„Wallfahrtsort“ war seit 1980 das Zöllnerkreuz
diesseits der Grenze. Jetzt wird die Kirche mit vereinten Kräften
renoviert. Aus dem Aktionskomitee der Inzenhoferinnen Gertrude Hölzel
und Elfriede Jaindl ist im Semptember 1989 der Verein „Rettet
die St.-Emmerichs-Kirche als internationale Begegnungsstätte“ entstanden.
Ihrer unermüdlichen Aktivität ist der eingangs erwähnte
Vertrag zu verdanken – und die Tatsache, dass der Eiserne Vorhang
auch geistig verschwindet.
p.m.
Inszenierungen Bühne Peter Wagner
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